Eine wechselvolle Geschichte
Unser Beitrag zur Einrichtung der Bischofskonferenz wirft einen Blick in die Geschichte der Deutschen Bischofskonferenz. Seit 150 Jahren tagt sie in Fulda.
Im Oktober 1867 versammelten sich die deutschen Bischöfe erstmals zu einer gemeinsamen Konferenz am Grab des „Apostels der Deutschen“ in Fulda. Aus der heutigen katholischen Perspektive mag vielen die damalige Zeit des starken katholischen Milieus mit einer florierenden Volksfrömmigkeit und einem wachsenden Vereinswesen wie den Kolpingvereinen als Blüte des Katholizismus erscheinen. Die Anfänge der Bischofskonferenz sind jedoch nicht als Zeichen der Stärke der Kirche zu verstehen, sondern ebenso wie das starke katholische Milieu selbst eher als Reaktion auf die gravierenden gesellschaftlichen und politischen Veränderungen, auf die es zu reagieren galt.
Erste Konferenz in Würzburg
Dies zeigt sich bereits in der ersten „gesamtdeutschen“ Bischofskonferenz im Revolutionsjahr 1848 in Würzburg, die als Vorbild für die späteren Fuldaer Konferenzen diente. Anlass und behandelte Themen dieser ersten Zusammenkunft von 25 Bischöfen aus dem deutschen und österreichischen Raum ergaben sich aus den turbulenten Umwälzungen im Zuge der in ganz Europa aufflammenden Revolutionen. Parallel zu den nationalstaatlichen Einheitsbestrebungen wollten auch die Bischöfe im deutschsprachigen Raum eine gemeinsame Positionsbestimmung erreichen. Dieses einheitliche Vorgehen sollte vor allem die Unabhängigkeit der Kirche vom Staat in Fragen der Ausübung des Bischofsamtes, der religiösen Erziehung und der Verwaltung sichern. Getagt wurde zum Abschluss der Konferenz nach Beratungen im Priesterseminar übrigens auch im Würzburger Franziskanerkloster. Des Weiteren fand, ganz im franziskanischen Geiste, nach Abschluss der Beratungen eine Speisung für die Ärmsten der Stadt durch die Bischöfe statt.
Tagungen in Fulda
Die ersten Konferenzen in Fulda standen wiederum unter veränderten kirchlichen und auch gesamtgesellschaftlichen Vorzeichen. Nach dem Deutschen Krieg von 1866 und der Auflösung des Deutschen Bundes galt es, die Einheit des deutschen und österreichischen Katholizismus zu wahren und eine Zersplitterung zu vermeiden. Noch wichtiger war jedoch die öffentliche Ankündigung des Ersten Vatikanischen Konzils am Tage des 1800. Hochfestes der Apostel Petrus und Paulus. Bei den in Rom stattfindenden Feierlichkeiten wurde zwischen den österreichischen und deutschen Bischöfen der Beschluss zu der gesamtdeutschen Bischofskonferenz in Fulda gefasst. Aufgrund innenpolitischer Schwierigkeiten mussten jedoch die österreichischen Bischöfe bereits der ersten Versammlung notgedrungen fernbleiben.
Als wichtigstes Ergebnis der ersten Konferenz von 1867 gilt die verabschiedete Geschäftsordnung, in der neben dem regelmäßig stattfindenden zweijährigen Turnus und der Bestimmung Fuldas als fester Austragungsort der Konferenz auch der Zweck der Versammlung formuliert wurde:
„Die bischöflichen Conferenzen […] sollen vielmehr nur den Bischöfen Gelegenheit geben, sich persönlich kennen zu lernen, das Band der Liebe und Einheit zu stärken, über die beste Art der Durchführung der Gesetze der Kirche und der Anordnung des hl. Apostolischen Stuhles sich zu verständigen, sowie solche Verhältnisse und Maßnahmen zu besprechen und zu berathen, welche die Interessen der Religion in unserer Zeit besonders berühren.“
Bei der Formulierung der Geschäftsordnung war den Bischöfen vermutlich nicht bewusst, wie drastisch sich diese „Verhältnisse und Maßnahmen“ wirklich entwickeln sollten. So mussten aufgrund des Kulturkampfes und zahlreicher Repressalien gegen die Kirche und ihre Amtsträger die offiziellen Konferenzen zwischen 1877-1884 ausgesetzt und an Ausweichorten abgehalten werden.
Einheitsbestrebungen
Der äußere politische Druck führte aber auch immer wieder zu Bemühungen um die innere Einheit. So schlossen sich die bayerischen Bischöfe, nachdem sie ab 1872 selbstständig in Freising getagt hatten, im Jahre 1933 wieder der Fuldaer Versammlung an, um eine gemeinsame Position gegenüber dem NS-Regime und seiner Ideologie zu finden. Dieser Versuch mündete aber in Kontroversen darüber, ob der Weg des öffentlichen Protestes (von Galen, von Preysing) oder aber eine vorsichtige Linie mit vertraulichen Eingaben (Kardinal Bertram, Mehrheit der Konferenz) der richtige sei.
Nach dem Krieg verhinderten ab 1961 der Mauerbau und das Ausreiseverbot für die ostdeutschen Bischöfe eine gesamtdeutsche Konferenz, die nach der Wende 1990 erstmals als geeinte „Deutsche Bischofskonferenz“ regelmäßig tagen konnte.
An den Aufgaben und Zielen der Bischofskonferenz hat sich trotz der epochalen Veränderungen in 150 Jahren wenig geändert. Bis heute gilt es für die Bischöfe, „solche Verhältnisse […], welche die Interessen der Religion in unserer Zeit besonders berühren“ in den Blick zu nehmen und mit der christlichen Botschaft als Fundament und Wegweiser auf diese Herausforderungen immer wieder neu zu reagieren.