175 Jahre Kindermissionswerk
Seit Dezember 2015 darf sich das „Sternsingen“ offiziell zum „immateriellen Kulturerbe“ zählen; die Aktion wurde von der UNESCO in das entsprechende Verzeichnis eingetragen. Neben dem BDKJ steht vor allem das Kindermissionswerk organisatorisch hinter der Sternsinger-Aktion in Deutschland.
Dass Kinder Großes bewirken können, das beweisen nicht nur Jahr für Jahr die Sternsinger, wenn sie rund um den 6. Januar von Haus zu Haus gehen, den Segen in die Häuser bringen und Spenden für Kinder in Not sammeln – das zeigt vielmehr schon ein Blick in die Geschichte des Kindermissionswerks, in dessen Verantwortung die Sternsingeraktion seit dem Jahr 1959 liegt. Die Ursprungsaktion nahm in Frankreich ihren Lauf. Charles-Auguste-Marie-Joseph de Forbin-Janson (1785-1844) wurde im November 1823 zum Bischof von Nancy berufen. Ein Jahr vor seinem plötzlichen Tod rief er im Mai 1843 das Kinderhilfswerk Oeuvre de la Sainte Enfance ins Leben. Das Ziel dieser Institution: Französische Kinder sollten für die Missionierung chinesischer Kinder beten und Spenden für sie sammeln – die China-Mission war nämlich das ursprüngliche Anliegen des Bischofs von Nancy gleich nach seiner Priesterweihe gewesen. Der Papst persönlich hatte es ihm damals ausgeredet und ihn vielmehr dazu aufgerufen, seinen Beitrag zur Neu-Evangelisierung Frankreichs zu leisten. Nun tut der Bischof beides: Junge Christen kommen in Bewegung – und Menschen in Not in seinem Sehnsuchtsland China wird geholfen und sie sollen für den christlichen Glauben gewonnen werden.
Engagierte Jugendliche
Es ist dann die Aachener Jugendliche Auguste von Sartorius, die die Idee in Deutschland aufgreift. Mitten im Teenager-Alter geht der Arzt-Tochter die Not und das Elend anderer Kinder auf der Welt immer mehr zu Herzen. Sie hört vom Projekt des Bischofs von Nancy, bringt einige Freundinnen dazu, mit ihr gemeinsam Geld zu sammeln und sie schicken es dem Bischof. Ihr Engagement zieht Kreise. Immer mehr Menschen machen mit, und die Idee der späteren Ordensfrau Auguste bekommt bald feste Formen: Am 2. Februar 1846, einen Monat vor Augustes 16. Geburtstag, wird das deutsche Kindermissionswerk gegründet. Der erste Name: Verein der heiligen Kindheit. Bereits zehn Jahre später wird der Verein vom Vatikan als kirchlicher Verein anerkannt und fungiert ab den 1920er Jahren als Päpstliches Missionswerk der Kinder in Deutschland. Während der Nazi-Zeit wird es immer schwieriger, das Tun des Vereins aufrecht zu erhalten. Folglich gehen Mitgliederzahlen und Spenden stark zurück. Alles unterliegt einer scharfen Kontrolle der Geheimen Staatspolizei. Erst nach dem Ende des 2. Weltkriegs kann die Organisation wieder durchstarten, bis dann schließlich ab 6. Januar 1959 zum ersten Mal die Sternsingeraktion durchgeführt wird, für die das Kindermissionswerk heute vor allem bekannt ist.
Spenden für den guten Zweck
An der Premiere waren etwa 100 Pfarreien beteiligt. Der Erlös belief sich auf etwa 45.000,00 Euro. Mittlerweile, über 60 Jahre später, gibt es wohl kaum eine Gemeinde in Deutschland, die sich nicht an der Aktion beteiligen würde. Etwa 300.000 Kinder und Jugendliche ziehen um den Dreikönigstag von Haus zu Haus, im Hintergrund unterstützt von etwa 90.000 Ehrenamtlichen. Und das Ergebnis? Im Berichtsjahr 2019 wurden vom Kindermissionswerk über 1.600 Projekte in 108 Ländern mit insgesamt 62,6 Millionen Euro unterstützt. Die Schwerpunkte der geförderten Projekte, die allesamt Kindern zugutekommen, liegen dabei auf den Themen Bildung, Soziale Integration, Gesundheit und Ernährung. 131 festangestellte Mitarbeiter/innen sorgen nicht nur für die Begleitung und organisatorische Vorbereitung der Sternsingeraktion, sondern auch für die zuverlässige Weiterleitung der Spenden und die Kontrolle der geförderten Projekte. Den Großteil der benötigten Gelder sammeln dabei Kinder für Kinder: Über 65% der Spenden kommen über diesen Weg. Pfarrer Dirk Bingener, seit gut einem Jahr Präsident des Kindermissionswerkes in Deutschland, ist sich dann auch völlig im Klaren: „Möglich wird diese Hilfe nur, weil sich die Sternsinger und Ehrenamtlichen, aber auch zahlreiche Spender und Partner in Deutschland von der Situation der Kinder weltweit bewegen lassen.“
Schwerpunktland in diesem Jahr ist die Ukraine. Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Halbinsel Krim durch Russland sind über eine Million Ukrainer auf der Flucht – in andere Regionen des Landes und in benachbarte Staaten. Eine vor fünf Jahren ausgehandelte Waffenruhe ist brüchig, immer wieder sterben Menschen bei kriegerischen Auseinandersetzungen. Ein Projektpartner des Kindermissionswerks vor Ort ist die Caritas. Sie unterhält elf Zentren für bedürftige Kinder und Jugendliche: Es wird Hausaufgabenbetreuung organisiert, Freizeitaktivitäten werden angeboten und psychologische Hilfe für die Kinder und ihre Familien steht bereit. Die Corona-Pandemie hat die Notlage vieler Menschen – in der Ukraine und weltweit – noch schlimmer gemacht. Umso mehr ist man auf Spendengelder angewiesen. Und es bleibt nur zu hoffen, dass die Sternsingeraktion auch zum 175. Geburtstag des Kindermissionswerks erfolgreich durchgeführt werden kann, damit weiterhin erfolgreich vermeldet werden kann: Kinder helfen Kindern.