Ein halbes Jahrhundert mit der Maus

07. März 2021 | von

Es können wohl nur wenige TV-Sendungen von sich behaupten, ganze Generationen geprägt zu haben. Für die „Sendung mit der Maus“ trifft das zweifelsohne zu. Im März feiert sie ihren 50. Geburtstag. 

Ein klassischer Sonntag meiner Kindheit: Frühstück, Gottesdienst, anschließend, 11:30 Uhr, „Die Sendung mit der Maus“ und dann, direkt nach „Käpt’n Blaubär“, der stets die letzten fünf Sendungsminuten füllte (und den ich nicht besonders mochte) das Mittagessen. Dieses Ritual war so fest im Familienleben verankert, dass sich meine Eltern am 23. Juni 1996 vor eine knifflige Situation gestellt sahen. An diesem Sonntag war Papst Johannes Paul II. in Deutschland, was mich damals ungemein interessierte. Meine Schwester hingegen beharrte auf der Familientradition, dass die „Sendung mit der Maus“ geschaut wird. Das salomonische Urteil meiner Eltern, an das ich mich vielleicht vor allem deshalb erinnere, weil es zu meinen Gunsten ausfiel: „Es wird der Papst geschaut, denn der kommt nur einmal, die Maus aber kommt jeden Sonntag!‘“

Lach- und Sachgeschichte
Die Premiere der Maus ist am 7. März 1971 in der ARD. Ein Team um Armin Maiwald hatte seit gut einem Jahr am Konzept gearbeitet und damals wohl noch kaum geahnt, dass man mit einer ebenso einfachen wie ausgewogenen Idee eine der der erfolgreichsten Kindersendungen im deutschen Fernsehen schaffen würde: Lach- und Sachgeschichten, unterbrochen von kurzen Spots mit der berühmt gewordenen Maus, die in ihren filmischen Episoden vor zahlreiche Probleme gestellt wird, die sie dank verlängerbarer Beine oder im Bauch versteckter Hilfsmittel natürlich stets zu lösen in der Lage ist – freilich nicht immer gleich auf Anhieb, was den frechen blauen Elefanten nicht selten zu schadenfrohem Lachen motiviert, gelegentlich unterstützt von der Ente, die stets das Chaos anzulocken scheint. 
Natürlich entwickelt sich die Sendung im Lauf der Jahre weiter, aber wesentlich ist nach wie vor die Mischung von Unterhaltung und kindgerechter Wissensvermittlung. Die beiden Hauptmoderatoren Armin Maiwald und Christoph Biemann (seit 1982/83) widmen sich in ihren Kurzfilmen Themen, die für Kinder irgendwie interessant sind – oft inspiriert von eingeschickten Fragen, die Woche für Woche zu Hunderten in die Redaktion flattern. Von „Warum ist Milch immer weiß?“ über „Warum ist ein Regenbogen rund?“ bis hin zu „Warum ist es auf dem Berg kälter als im Tal?“ ist da alles dabei. Im Lauf der letzten fünf Jahrzehnte ist eine erstaunliche Themenvielfalt zusammengekommen. Seit Kindertagen unvergessen: die Antwort auf die spannende Frage, wie denn die Streifen in die Zahnpasta kommen. Über mehrere Sonntage erstreckten sich Themen wie der Bau eines Airbus oder die Beobachtung eines Biobauernhofs im Lauf eines Jahres.

Alle Generationen und (fast) alle Themen 
Was das Geheimnis der Sendung ausmacht, ist, so Christoph Biemann: „Die Maus beantwortet Fragen, die Erwachsene sich nicht mehr zu stellen trauen. Viele Erwachsene sehen das mit ihren Kindern und die Kinder denken dann irgendwann mit 10-12 Jahren, naja, das ist was für Kleine, das guck ich nicht mehr, und die Erwachsenen bleiben dann noch dran und gucken das dann. Mit 18 kommen sie dann wieder, das wissen wir durch Untersuchungen.“ So verwundert es nicht, dass das Durchschnittsalter der Zuschauer bei knapp 40 Jahren liegt: Eltern und Großeltern sitzen häufig zusammen mit den Kindern vor dem Fernseher. 
Ob es dann auch Fragen gibt, auf die er keine Antwort weiß? Christoph Biemann: „Ja, sicher. Der Bereich Religion zum Beispiel. Da weiß man nicht viel, was man darauf sagen kann…“ Aber im Bereich Religion hat es immerhin einmal ein Franziskaner-Minorit in die Sendung geschafft: Br. Gabriel Weiler, damals Guardian des Konvents Köln, direkt gegenüber dem WDR, der für die Sendung verantwortlich ist. In einem Kurzbeitrag (siehe QR-Code) durfte er erläutern, wie die Knoten beim Minoritenhabit in das Zingulum gemacht werden.

Geburtstagsfeier für das Erfolgsformat
Im Lauf des letzten halben Jahrhunderts wurde „Die Sendung mit der Maus“ nicht nur als Fernsehproduktion in zahlreiche andere Länder exportiert, sondern auch mehrfach ausgezeichnet. So gab es beispielsweise bereits 1973 den Goldenen Bambi, 1995 den Bundesverdienstorden für Armin Maiwald und Christoph Biemann und 1997 die Goldene Kamera. Kein Wunder, dass WDR-Intendant Tom Buhrow stolz ist auf die „öffentlich-rechtliche Erfolgsgeschichte – ein Familienangebot im besten Sinne, das sich ständig weiterentwickelt.“
Am 6. März steigt in der ARD mit „Frag doch mal die Maus – Die große Geburtstagsshow“ eine standesgemäße Jubiläumsfeier. Am Sonntag darauf, exakt 50 Jahre nach der Erstausstrahlung, läuft dann die 2309. Ausgabe zum 50. Maus-Geburtstag. Die Sendung wird sich der Frage widmen, was es in den nächsten 50 Jahren mit der Maus zu erleben gibt und dabei den Blick in die Zukunft wagen. Ob die Maus selbst dazu auch etwas zu sagen hat, jenseits ihres berühmten Augenklapperns? Das bleibt wohl so lange noch ein Geheimnis. Bislang jedenfalls hat sie nie ein Wort gesprochen.
 

Zuletzt aktualisiert: 07. März 2021
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