Solidarität hat viele Gesichter
Es gibt viele Neuigkeiten im Jahresbericht der Caritas Antoniana von 2021. Nicht nur der Aktionsradius hat sich erweitert, auch das Profil der Nutznießer hat sich verändert, aber vor allem eines geht daraus hervor: Das Wirken der Kirchen am Rand der Gesellschaft, die dank Ihrer Hilfe auch in den abgelegensten Peripherien der Welt für die Menschen da sein können.
Ein arbeitsreiches Jahr war das Jahr 2021 für die Caritas Antoniana. Aber zugleich ein Jahr mit vielen guten Ergebnissen. 106 Projekte wurden weltweit unterstützt, dazu zehn Sonderprojekte in Italien im Kontext der Covid-19-Notlage und der drei großen antonianischen Jubiläen.
Mehr als vier Millionen Euro wurden für Projekte in 36 Ländern gespendet – diese unglaubliche Solidarität hat mehr als eine Millionen Menschen erreicht! Das Fortdauern der Pandemie hat es notwendig gemacht, Prioritäten und Vorgehensweisen zu überdenken. Zu der klassischen Mission der Caritas, den ärmsten Gesellschaftsgruppen der Welt zu helfen, kommt die neue Herausforderung durch die Covid-19-Pandemie hinzu, die auch in reichen Ländern zu einer neuen Form der Armut und der Ausgrenzung geführt hat.
Von Afrika zu den Armen bei uns
Afrika bleibt weiterhin der Kontinent, in dem die meisten Projekte unterstützt wurden – im Jahr 2021 waren es 70 Projektefür fast die Hälfte der gesamten gespendeten Ressourcen (48,6%). Die wirkliche Neuigkeit jedoch ist die Rangliste der Länder, in denen die meisten Hilfeleistungen ermöglicht wurden: Zum ersten Mal in der Geschichte der Caritas Antoniana steht Italien an erster Stelle, gefolgt von der Demokratischen Republik Kongo. P. Valerio Folli, der neue Direktor der Caritas Antoniana, berichtet: „Durch die Pandemie kamen viele Hilfsanfragen aus Italien, vor allem seitens kleinerer Organisationen, die sich um Menschen in extrem schwierigen wirtschaftlichen Situationen kümmern, um Kinder und Jugendliche mit familiären Problemen oder um Menschen mit Behinderungen oder Suchtproblemen. Für jede dieser kleinen Organisationen bedeutet die Pandemie einiges an Mehrarbeit, ohne dass sie jedoch auf die üblichen Unterstützungen zählen konnten, da es durch neue staatliche Vorgaben auch viel schwieriger geworden ist, Zugang zu öffentlichen Geldern zu bekommen. Wir konnten diese neuen Armen direkt neben uns nicht ignorieren, sowohl Italiener als auch Menschen aus Afrika, Asien oder Lateinamerika, die hier bei uns leben.“
Die meisten Projekte entfielen auf den Bereich Schule, auch wenn der größte Anteil an Geldern in Projekte zur „menschlichen Förderung“ geflossen ist, also solche Initiativen, die die Entwicklung einer Gemeinschaft unter verschiedenen Aspekten fördern: sozial, medizinisch, wirtschaftlich. Es handelt sich dabei beispielsweise um Projekte zur Berufsausbildung und den Einstieg in die Arbeitswelt, Frauenförderung und -bildung, Aus- und Fortbildung im Bereich Landwirtschaft oder Medizin. Großes Augenmerk wurde auf den Bau von Einrichtungen zur Aufnahme von Flüchtlingen gelegt, aber auch auf Initiativen für bessere medizinische Versorgung, Zugang zu sauberem Trinkwasser, Verbesserung der sanitären und hygienischenSituation von Gemeinschaftszentren, was gerade in der heutigen Zeit noch wichtiger ist als früher.
Die Nutznießer verändern sich
Aus der Tatsache, dass Schule und Projekte, welche ganze Gemeinschaften betreffen, im Jahr 2021 im Vordergrund der Hilfen standen, ergibt sich, dass sich 31 Projekte für 27% der Gelder an Kinder und Jugendliche (denen seit jeher die besondere Aufmerksamkeit der antonianischen Solidarität gilt) richteten und 36 Projekte für 25% der Ressourcen an komplette Gemeinschaften. In den vergangenen Jahren hat sich jedoch die Tendenz entwickelt, nicht nur die Kleinsten zu berücksichtigen, sondern auch viel in die schulische und berufliche Ausbildung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen und deren Einstieg ins Berufsleben zu investieren. P. Valerio erklärt diese Entwicklung: „Mit dieser Entscheidung berücksichtigen wir die Tatsache, dass Jugendliche oft diejenigen sind, die am Rand der Gesellschaft stehen, oftmals mit schlechteren Zukunftsaussichten als ihre Eltern sie hatten. Was die Gemeinschaftsprojekte betrifft, wurden die meisten davon in den ländlichen Gebieten Afrikas realisiert, wo es an allem fehlt: Es handelt sich meist um die Peripherien der Peripherien, wo jede auch noch so kleine Hilfe lebenswichtig ist und weitreichende Auswirkungen hat.“ Diese Entscheidungen zielen also auf die größtmögliche Wirksamkeit ab: „Die schulische, menschliche und spirituelle Bildung von Kindern und Jugendlichen zu unterstützen, bedeutet, die Grundlagen für die gute Entwicklung einer ganzen Gemeinschaft zu legen. Dasselbe gilt für Hilfen in den ärmsten Gegenden der Welt, wo durch konkrete Hilfen die Basis für eine Verbesserung der Situation der Menschen vor Ort geschaffen wird und so möglicherweise die Abwanderung in die Städte oder gar Länder, die wiederum zu neuer Ausgrenzung und Armut führt, verhindert wird – die vielen tragischen Todesfälle im Mittelmeer sind eine dramatische Konsequenz daraus.“ Und auch hier sehen wir wieder, dass das, was weit weg zu sein scheint, in Wirklichkeit auch direkt vor unserer Haustür zu Notsituationen führt und dass wahre Hilfe, wenn sie zu rechten Zeit und in rechtem Maß gewährt wird, Hilfe für alle ist. Die Caritas Antoniana steht weiterhin für die Verwirklichung von Kleinstprojekten, meist in enger Zusammenarbeit mit den örtlichen Kirchen und der Zivilgesellschaft in den unterstützten Ländern: 75 von 106 Projekten erhielten im Durchschnitt eine finanzielle Hilfe zwischen 10.000 und 30.000 Euro – diese Summe ist wegen der galoppierenden Inflation in vielen armen Ländern im Vergleich zu den Vorjahren leicht gestiegen.
Aktiv im Namen von Antonius
Die letzte große Neuigkeit bezieht sich auf die Art der Ansprechpartner in den Missionsgebieten. Auch hier bleiben die Überraschungen nicht aus: Von den insgesamt 55 Männern sind 42 Ordensleute und 13 Laien. Die Franziskaner-Minoriten, die ja de facto die Verantwortlichen der Caritas Antoniana sind, stellen „nur“ 12 dieser Missionare. Aber die Neuigkeit, die ins Auge springt, ist das ständige Wachsen der Anzahl der Frauen: Im Jahr 2021 waren es 39, 32 davon Ordensschwestern und 7 Laien. Von den insgesamt 94 Verantwortlichen kommen circa 21% aus Italien oder anderen westlichen Ländern. Die Kirche, die sich aus diesem Bild ergibt, ist eine Kirche in Bewegung, eine synodale und immer weniger auf sich selbst bezogene, europaorientierte Kirche. P. Valerio schließt seinen Rückblick auf das Jahr 2021 mit den Worten: „Es ist die Kirche der kleinen Schritte, die gemeinsam gegangen werden, in der auf die Mitwirkung von Frauen und kulturelle Vielfalt geachtet wird. Es ist eine Kirche, die den Kleinsten und Ausgegrenzten nahe ist, die aufnimmt und sich selbst ins Spiel bringt und alle Gläubigen zum Mitmachen animiert. Eine Kirche, die wir in Zeiten der Pandemie kaum noch wahrnehmen. Ich glaube, dass der heilige Antonius sehr stolz auf uns und unser Werk wäre.“
Antonius-Projekte 2020-2022
Es sollte ein realer Weg sein, der ganz Italien durchzieht, mit dem die drei großen Jubiläen des heiligen Antonius gefeiert werden sollten: Im Jahr 1220 entschied Antonius sich dazu, Minderbruder zu werden; 1221 hat er sich, nach einem Schiffbruch und ziemlich mit sich selbst in der Krise, auf den Weg durch Italien gemacht und ist Franziskus begegnet, und schließlich wurde 1222 sein Talent als Prediger entdeckt und er wurde „in die Welt“ geschickt. Wegen der Pandemie musste dieser Weg durch die Regionen Italiens, der eigentlich eine Art Wallfahrt sein sollte, zu einem geistigen Weg werden, der von dem Messaggero und dem Sendboten auf seinen Etappen begleitet wurde und einige Organisationen, die sich in den einzelnen Regionen des Pilgerwegs für ausgegrenzte und verarmte Menschen einsetzen, finanziell unterstützt hat.
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Afrika € 1.939.150
Amerika € 206.200
Asien € 493.750
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Caritas Antoniana
Verantwortliche Missionare: 94
21% Italiener/innen
79% Örtliche Mitarbeiter/innen und andere Nationen
13% Franziskaner-Minoriten
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Ressourcen pro Kontinent
Gesamt 4.002.095 €
Anzahl Projekte 106
1º Italien, 2º Dem. Rep. Kongo