Ein minoritischer Neustart in München

20. Februar 2023 | von

Brüder der Warschauer Ordensprovinz waren lange Zeit in der Münchner Pfarrei „Königin des Friedens“ tätig. Nun haben die rumänischen Brüder in der bayerischen Landeshauptstadt ein Kloster gegründet.

Seit den 1990er Jahren leben und arbeiten Brüder der rumänischen Ordensprovinz in Deutschland. In den letzten Jahren hat sich ein regionaler Schwerpunkt herausgebildet: Mit den Konventen Chieming und Grabenstätt haben die Brüder seit dem Jahr 2008 zwei Niederlassungen im Süden. Anfang Oktober 2022 ist nun ein neues Kloster hinzugekommen. Auf Einladung der Erzdiözese München und Freising hat die rumänische Provinz die Verantwortung für den Pfarrverband Haar bei München übernommen. Der dortige Pfarrer Kilian Thomas Semel hatte zum 1. Juni 2022 die Leitung der neu gegründeten Stabsstelle „Beratung und Seelsorge für Betroffene von Missbrauch und Gewalt“ im Erzbistum übernommen – die Suche der Pfarrei nach einem neuen Seelsorger und die Suche der Brüder nach einer neuen Niederlassung ergaben eine günstige Konstellation.

Neuanfang mit Schwung

Statt einem Pfarrer wohnen nun seit einigen Monaten drei Brüder im Pfarrhaus neben der Pfarrkirche St. Konrad: Br. Gabriel Buda˘u, Br. Mihai Ciprian Hortolomei und Br. Dan-Ciprian Va˘ta˘ma˘nelu. Passenderweise hatte Weihbischof Rupert Graf zu Stolberg bei der Einführung der neuen Seelsorger am 9. Oktober dann auch gesagt: „Es gibt keinen Nachfolger, sondern ein ganzes Kloster!“ Die längste Deutschland-Erfahrung der neuen Klosterbewohner hat Br. Gabriel. Nach seiner Priesterweihe im Jahr 2006 wurde der heute 41-Jährige von seinem Provinzialminister nach Deutschland geschickt. Die ersten Jahre wirkte er als Kaplan im Kölner Minoritenkonvent, wurde dann an den Chiemsee versetzt, wo er in den letzten sechs Jahren schließlich auch den Pfarrverband Chieming leitete. Br. Mihai, der 2009 in den Orden eingetreten ist, lebt mittlerweile auch schon seit sechs Jahren in Deutschland und hat in der Seelsorge in Oberbayern zahlreiche Erfahrungen gesammelt. Br. Dan-Ciprian ist erst 2021 nach Deutschland versetzt worden. Zuvor hat er für einige Zeit in Padua gewirkt, hauptsächlich aber in Rom Sozial- und Kommunikationswissenschaften studiert. So unterschiedlich ihre Biografien auch sein mögen: Die drei Brüder sind hoch motiviert, in Haar für die Menschen da zu sein. Br. Gabriel bringt das so auf den Punkt: „Die Gemeinde hat uns sehr herzlich und liebevoll aufgenommen. Man spürt diese Freude und Begeisterung. Das tut uns gut. Wir sind bereit und freuen uns darauf, mit der Gemeinde zu arbeiten und mit ihr zu leben und zusammen etwas zu schaffen.“

Das dürfte auch ganz im Interesse seines Provinzialministers Br. Damian Pa˘tras¸cu sein, der zur Amtseinführung nach Deutschland gekommen war. Dabei gab er gegenüber dem Erzbistum das Versprechen, dass die Brüder arbeiten würden, „um so viele wie möglich für das Evangelium Christi zu gewinnen, gemäß dem Charisma des heiligen Franziskus von Assisi.“ Dass es dabei um ein tatkräftiges Miteinander gehen würde, machte er ebenso deutlich: „Als Provinzialminister vertraue ich meine drei Mitbrüder der Mission des hiesigen Erzbischofs an – aber auch der Mitsorge der Gläubigen des Pfarrverbands. Und ich hoffe von ganzem Herzen, dass Gott das gute Werk, das er begonnen hat, auch vollenden wird.“

Erste Schritte in Kloster und Pfarrei

Die festlichen Töne der Klostergründung sind mittlerweile verklungen, und die Brüder sind im Alltag angekommen. Im Pfarrverband Haar mit den Pfarreien St. Konrad, St. Bonifatius und St. Martin sind die Brüder Gabriel und Mihai eingesetzt; Br. Dan-Ciprian hat eine Kaplansstelle im benachbarten Pfarrverband übernommen. Im Pfarrhaus, das sich in Haar neben der dem heiligen Bruder Konrad von Parzahm geweihten Kirche befindet, haben sich die Brüder schlicht eingerichtet. Große Umbauten waren nicht nötig. Aber immerhin hat jeder Bruder sein eigenes Bad. In der Kapelle steht ein Altar des ehemaligen Münchner Generalvikars, eine Franziskus-Statue und ein ausdrucksstarkes Kruzifix haben die Brüder geschenkt bekommen. Hier beginnt ihr Tag am Morgen mit dem Gebet der Laudes – und dann übernehmen sie die „ganz normalen“ Verpflichtungen der Gemeindeseelsorge. Vier Ruhestandsgeistliche helfen mit, ein Pastoralreferent gehört zum Team, und Pastoralassistentin Maria Döring übernimmt gemeinsam mit Br. Gabriel die Firmvorbereitung: Immerhin gilt es, 100 Jugendliche auf den Empfang des Sakraments vorzubereiten.

Mitten unter den Menschen

Br. Gabriel wäre aber wohl nicht Br. Gabriel, wenn er nicht gemeinsam mit seinen Brüdern versuchen würde, die Fühler in alle möglichen Richtungen auszustrecken. Kaum drei Monate vor Ort, gibt es längst ein herzliches Verhältnis zu Bürgermeister Andreas Bukowski. Auch in Richtung Ökumene sind die ersten Fäden geknüpft – und was die sportliche Betätigung der Brüder betrifft? In einem Interview mit dem Münchner Merkur hat Br. Gabriel kundgetan, dass er einen Fußballverein suchen würde. Es hat nicht lange gedauert, bis sich der Vorstand des TSV Haar im Kloster gemeldet hat. Br. Gabriel und Br. Mihai kicken dort nun regelmäßig bei den „Senioren“, übrigens zum Sondertarif. Statt eines Mitgliedsbeitrags hat man sich darauf geeinigt, dass die Patres für die Mannschaft beten…

Brüderliche Verbindungen

Das Endspiel der Fußballweltmeisterschaft, aber natürlich auch das Weihnachtsfest waren für die Neu-Münchner Brüder eine gute Gelegenheit, die Verbindungen zu ihren bisherigen Wirkungsstätten nicht abreißen zu lassen. In etwa einer Stunde erreichen sie ihre Mitbrüder in Chieming bzw. Grabenstätt. Es ist ihnen ein Anliegen, sich immer wieder einmal zu treffen, Erfahrungen auszutauschen – und natürlich auch, sich ganz unkompliziert in ihrer Muttersprache zu unterhalten. Br. Vasile Dior ist seit dem letzten Provinzkapitel der Delegat seines Provinzialministers für die Brüder in Deutschland. Und außerdem ist er in Chieming und Grabenstätt Nachfolger des nach München gewechselten Br. Gabriel. Alle Wechsel und Neuanfänge machen deutlich: Franziskanisches Leben bleibt ein Unterwegssein.

Zuletzt aktualisiert: 20. Februar 2023
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