Fünf Brote und zwei Fische: Tabgha

07. August 2023 | von

Die wunderbare Brotvermehrung gehört zu den ebenso bekannten wie staunenswerten Wundern Jesu. Imisraelischen Tabgha wird das Geschehen lokalisiert und bis heute erinnert.

Dass fünf Brote und zwei Fische als vollwertige Mahlzeit für 5000 Männer plus Frauen und Kinder nicht ausreichen, liegt auf der Hand. Verständlich also, dass die Jünger etwas ratlos sind, wie sie dem Auftrag Jesu, all diesen Menschen etwas zu essen zu geben, nachkommen sollen. Doch Jesus hat Mitleid sowohl mit der hungrigen Menschenmenge als auch mit den etwas planlosen Jüngern. „Dann ordnete er an, die Leute sollten sich ins Gras setzen. Und er nahm die fünf Brote und die zwei Fische, blickte zum Himmel auf, sprach den Lobpreis, brach die Brote und gab sie den Jüngern; die Jünger aber gaben sie den Leuten und alle aßen und wurden satt. Und sie sammelten die übrig gebliebenen Brotstücke ein, zwölf Körbe voll. Es waren etwa fünftausend Männer, die gegessen hatten, dazu noch Frauen und Kinder.“ (Mt 14,19-21) Der Gottessohn hilft in der Not und beschenkt in Überfülle. Da wo eine Situation nach realistischen Berechnungen für den Menschen aussichtslos erscheint, lässt Gott sich etwas einfallen, so die Glaubensaussage der Evangelien.

Von der Brotvermehrung zum Kirchenbau

Die Szene der wunderbaren Brotvermehrung wird in der christlichen Tradition mit dem Ort Tabgha am Nordufer des Sees Genezareth in Galiläa im nördlichen Teil Israels in Verbindung gebracht. Der Name Tabgha leitet sich aus dem griechischen Heptapegon ab und bedeutet Siebenquelliges Landstück bzw. Siebenquell, weil sieben Quellen dort entspringen. Während die Evangelien den Ort als abgelegen, mit viel Gras und in einer einsamen Gegend charakterisieren, beschreibt die für die Kirchengeschichte bedeutende Pilgerin Egeria in ihrem Reisebericht über das Heilige Land am Ende des 4. Jahrhunderts Tabgha bereits so: „Dort liegt am Meer [von Tiberias] eine Wiese mit viel Gras und vielen Palmen und nahe dabei sieben Quellen, von denen jede einzelne ununterbrochen fließt. Auf dieser Wiese sättigte der Herr das Volk mit fünf Broten und zwei Fischen. Und in der Tat, der Stein, auf den der Herr das Brot legte, ist nun zum Altar gemacht worden.“ Egeria trifft in Tabgha schon auf einen ersten Kirchenbau, der später durch eine größere Basilika ersetzt wurde, die wiederum aber im 7. Jahrhundert zerstört wurde. Im Verlauf des Mittelalters verödete Tabgha.

Symbolträchtig in die Gegenwart

Erst als der Deutsche Verein vom Heiligen Lande das Gelände am Ende des 19. Jahrhunderts erwarb und die ersten archäologischen Ausgrabungen begannen, kam die Bedeutung Tabghas wieder ins Bewusstsein. Die nach und nach freigelegten Mosaiken wurden restauriert und zunächst durch den Bau einer einfachen Hallenkirche geschützt. An ihre Stelle trat schließlich die heutige Brotvermehrungskirche, errichtet auf den Grundmauern der Basilika aus dem 5. Jahrhundert und 1982 vom Kölner Kardinal Joseph Höffner geweiht. Die Bodenmosaike aus der damaligen antiken Zeit, die auf ihren ursprünglichen Plätzen belassen werden konnten und nahezu die gesamte Fläche der Kirche einnehmen, zeigen Wasservögel und Sumpfpflanzen. Besondere Bedeutung kommt dem Mosaik direkt vor dem Altar zu: ein Korb mit vier (!) Broten und zwei Fischen links und rechts davon. Das fünfte Brot, das im Korb des Mosaiks fehlt, soll das Brot sein, das bei der Eucharistiefeier auf dem Altar Gott dargebracht und in den Leib Christi gewandelt wird. Der Stein unter dem Altar wird verehrt als die Stelle, an der Jesus das Brot und die Fische abgelegt haben soll.

Biblische Erinnerung für heutige Pilger

Im östlichen Teil Tabghas erinnert direkt am Ufer des Sees Genezareth die Primatskapelle an eine weitere biblische Szene: Dort soll der Tradition nach der auferstandene Jesus den Jüngern erschienen sein und mit ihnen nach dem reichen Fischfang Mahl gehalten haben, bevor er Petrus mit den Aufforderungen „Weide meine Lämmer“ und „Weide meine Schafe“ die Leitung der Kirche übertrug. (Joh 21,1-19) Aufgrund des großen Steinblocks vor dem Altar der heutigen, 1933 erbauten Kirche, Ort des Mahls des Auferstandenen, wird sie auch als mensa Christi (Tisch Christi) bezeichnet.

Während die Kapelle und der östliche Teil Tabghas seit dem Kauf des Geländes durch den Deutschen Verein vom Heiligen Lande von Franziskanern betreut wird, kümmern sich deutsche Benediktiner des 1939 gegründeten Priorats Tabgha der Dormitio-Abtei in Jerusalem in Zusammenarbeit mit philippinischen Benediktinerinnen um die Brotvermehrungskirche und eine Behinderten- und Jugendbegegnungsstätte. Das Pilgerhaus Tabgha wiederum ist eine selbstständige Einrichtung des Vereins. Pilgergruppen haben die Möglichkeit, an zwei unmittelbar am Ufer gelegenen, überdachten Altären Gottesdienst zu feiern. Dalmanutha I und Dalmanutha II heißen diese beiden malerischen Gottesdienstplätze in Anspielung an das Markusevangelium, nach dem Jesus im Anschluss an die Brotvermehrung mit seinen Jüngern in das Schiff stieg und „in die Gegend von Dalmanuta“ (Mk 8,10) kam.

Einsam, wie die Evangelien Tabgha beschreiben, geht es dort nicht mehr zu: Bis zu 5000 Pilger besuchen täglich den Ort. Auch, um sich speisen zu lassen: mit neuen Erfahrungen und einer seelischen Stärkung im Wissen, auf den Spuren Jesu zu wandeln.

Zuletzt aktualisiert: 07. August 2023
Kommentar