Berge im Leben Jesu

Die Berge haben es ihm angetan: Für eine dritte Folge nimmt unser Autor die Leserinnen und Leser des Sendboten mit auf einen weiteren biblischen Berg. Der heutige ist Namensgeber einer deutschen Stadt.

Die Verklärung Jesu, von der uns die drei synoptischen Evangelien berichten, ist ein geheimnisvolles, mystisches Ereignis. Jesus wird, wie schon bei seiner Taufe, von einer Stimme aus dem Himmel als Sohn Gottes geoffenbart und erscheint in göttlicher Gestalt: „Sechs Tage danach nahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes zu sich und führte sie auf einen hohen Berg. Und er wurde vor ihnen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne und seine Kleider wurden weiß wie das Licht. Und siehe, es erschienen ihnen Mose und Elija und redeten mit Jesus. Und Petrus antwortete und sagte zu Jesus: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija. Noch während er redete, siehe, eine leuchtende Wolke überschattete sie und siehe, eine Stimme erscholl aus der Wolke: Dieser ist mein geliebter Sohn, an dem ich Wohlgefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören. Als die Jünger das hörten, warfen sie sich mit dem Gesicht zu Boden und fürchteten sich sehr. Da trat Jesus zu ihnen, fasste sie an und sagte: Steht auf und fürchtet euch nicht! Und als sie aufblickten, sahen sie niemanden außer Jesus allein. Während sie den Berg hinabstiegen, gebot ihnen Jesus: Erzählt niemandem von dem, was ihr gesehen habt, bis der Menschensohn von den Toten auferweckt ist!“ (Mt 17,1-9)
So ein einmaliges Erlebnis scheint das auf dem Berg gewesen zu sein, dass Petrus die Situation festhalten, konservieren will. Drei Hütten bauen. Dort bleiben. Zwar müssen sie wieder in den Alltag hinuntersteigen, doch man kann davon ausgehen, dass die drei Jünger verändert waren, gestärkt für ihren weiteren Weg.

Traditionsreiche Kultstätte
Dieses Ereignis der Verklärung Jesu wird nach biblischem Zeugnis auf einem hohen, aber sonst nicht näher bestimmten Berg lokalisiert. Erstmals war es der Jerusalemer Bischof Kyrill, der im Jahr 348 diesen Berg mit dem Tabor am Ostrand der Jesreelebene in Galiläa im Norden Israels, etwa zehn Kilometer von Nazareth entfernt, identifizierte, worauf die christliche Tradition aufbaut, der Tabor sei der Berg der Verklärung. Der markante Tabor ist ein einsam stehender, kuppelförmiger Berg mit einer Höhe von 588 Metern, auf dem womöglich schon im 2. Jahrtausend vor Christus die Kanaanäer eine Kultstätte besaßen, an der sie den Gott Baal verehrten. Auch im Alten Testament wird er als Kultstätte erwähnt und als Grenze zwischen den Stämmen Sebulon, Issachar und Naftali bei der Landnahme Israels (vgl. Jos 19,12). Psalm 89 spricht vom Tabor und vom Berg Hermon beim Jubel über Gott: „Nord und Süd hast du geschaffen, Tabor und Hermon jauchzen bei deinem Namen.“ (Ps 89,13)

Kirchen als bleibende Zeugen
Zwar hat es in byzantinischer Zeit schon christliche Kirchen und Kapellen auf dem Berg Tabor gegeben zur Erinnerung an das Ereignis der Verklärung Jesu, doch gründeten erst im Jahr 1101 Benediktinermönche infolge der Eroberungen durch die Kreuzfahrer ein großes Kloster und eine Basilika – und mussten schließlich aufgrund muslimischer Herrschaft wieder weichen. Schließlich konnte die griechisch-orthodoxe Kirche auf den Fundamenten einer Kreuzfahrerkirche bzw. eines byzantinischen Gotteshauses 1911 die Eliaskirche errichten. Wenig später ließen die Franziskaner, die schon 1631 auf dem Bergplateau ein Kloster gründen konnten, die römisch-katholische Verklärungsbasilika auf den Fundamenten der byzantinischen Basilika erbauen. Architekt der 1924 geweihten Verklärungskirche war der Italiener Antonio Berluzzi (1884-1960), der für einige Kirchenbauten im Heiligen Land verantwortlich zeichnet, so z.B. für die Kirche aller Nationen im Garten Getsemani, die Geißelungskapelle an der Via Dolorosa in Jerusalem, die Kirche der Seligpreisungen am See Genezareth oder auch die Kapelle Dominus flevit auf dem Ölberg. Antonio Berluzzi errichtete links und rechts vom Hauptportal der Verklärungskirche zwei quadratische Fassadentürme, die sich über zwei Kapellen byzantinischen Ursprungs erheben. Die nördliche Kapelle ist Mose geweiht, die südliche Elija. Mit der offenen Krypta, in die man im Bereich des Altars, des Christussymbols, herabsteigt, sind somit die drei Hütten symbolisiert, die Petrus für Jesus, Mose und Elija bauen wollte. Das Geschehen der Verklärung ist über der Krypta, dem Altar und dem Presbyterium in einem beeindruckenden Apsismosaik auf goldenem Grund dargestellt. Von der Kirche aus hat der Pilger oder Tourist einen wunderbaren Ausblick über den Norden des Heiligen Landes und die Jesreelebene.
Dass es auch in Deutschland einen Berg Tabor, lateinisch Mons Tabor, gibt, dürfte den wenigsten bekannt sein, obwohl daran täglich tausende von Autos auf der A3 vorbeifahren und selbst ICEs zwischen Köln und dem Rhein-Main-Gebiet dort halten: Die rheinland-pfälzische Stadt Montabaur ist 1217 nach dem Mons Tabor in Galiläa benannt worden.

Zuletzt aktualisiert: 20. Mai 2024
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