Die Wächter der Heiligen Pforten

10. Februar 2025 | von

Auch in dieser Ausgabe widmen wir uns dem Heiligen Jahr. Unser Autor, ein ausgewiesener Vatikan-Experte, hat Wissenswertes zu den Heiligen Pforten gefunden.

Die Päpste trugen in all den Jahrhunderten, in denen Heilige Jahre gefeiert wurden, auch Sorge dafür, dass die Heiligen Pforten der römischen Erzbasiliken bewacht wurden und die Wallfahrer sie ungehindert durchschreiten konnten. Schon bei der ersten Öffnung der Heiligen Pforte in St. Peter hatte Papst Alexander VI. (1492-1503) bestimmt, dass sie Tag und Nacht offen zu stehen habe und der Obhut von vier religiosi anvertraut werde. Ob es sich bei diesen vier Männern um „Ordensleute – religiosi“ – handelte, ist nicht eindeutig belegt, denn manche Chronisten sprechen in ihren Aufzeichnungen von „uomini religiosi – frommen Männern“.

Ritterlicher Schutz
25 Jahre später ordnete Klemens VII. (1523-1534) einen „militärischen“ Schutz der Heiligen Pforte in St. Peter an: Vier Ritter des hl. Petrus (Cavalieri di San Pietro) sollten diese Verpflichtung übernehmen, zwei tagsüber, zwei in der Nacht. Anlässlich des Jubiläumsjahres von 1625 übertrug Papst Urban VIII. (1623-1644) auch die Bewachung der übrigen Heiligen Pforten römischen Ritterkollegien. Die Ritter des hl. Paulus (Cavalieri di San Paolo) traten in St. Paul vor den Mauern an, die Ritter des hl. Johannes (Cavalieri di San Giovanni) im Lateran und die Ritter der Empfängnis Mariens (Cavalieri della Concezione della Vergine Immacolata) in Groß St. Marien.
Der Orden der Ritter des hl. Petrus wurde 1520 als militärische und religiöse Institution gegründet – mit dem Hauptzweck, die Küsten der Päpstlichen Staaten gegenüber Piraten zu verteidigen. Die Ritterschaft des hl. Paulus war von Paul III. (1534-1549) 1540 gegründet worden; auch ihr waren militärische Verpflichtungen übertragen worden. Der Orden der Ritter des hl. Johannes vom Lateran wurde im Jahre 1560 von Papst Pius IV. (1559-1565) ins Leben gerufen. Historiker glauben, dass das „Laterankreuz“, eine Auszeichnung, die früher das Domkapitel der Basilika zu verleihen pflegte, auf diesen Orden zurückging. Über den Orden der Ritter der Empfängnis Mariens existieren nur wenige Zeugnisse, er dürfte um 1617/18 errichtet worden sein – vermutlich als rein religiöse Vereinigung. 

Günstigere Bruderschaften
1775 sollte das letzte Jubeljahr sein, in dem die Ritter die Pforten bewachten. Nach den Wirren der Napoleonischen Zeit versahen die Cavalieri keine echten Aufgaben mehr. Da die Mitgliedschaft in den vier Ritterorden mit hohen Dotationen versehen war – die Ritter des hl. Petrus und die des hl. Paulus erhielten schon im 16. Jahrhundert jährlich 1.000 Scudi –, waren sie zudem zu einer erheblichen finanziellen Belastung geworden. 
Seit 1825 wurde die Bewachung der Heiligen Pforten von den in Rom wirkenden Erzbruderschaften und Bruderschaften wahrgenommen. Diese versahen den Dienst ehrenhalber und ohne jegliche finanzielle Entlohnung. Sie trugen das für ihre Bruderschaft charakteristische Gewand, bisweilen auch eine Kapuze über ihrem Haupt. Während ihres Dienstes hielten sie in der rechten Hand einen langen Stab (bastone) oder das Bruderschaftsabzeichen. Zählte man im Heiligen Jahr 1925 noch 47 Bruderschaften in der Ewigen Stadt, so wurden es in den folgenden Jahrzehnten immer weniger. 1975 schien ein sinnvoller und funktionierender Einsatz durch die Bruderschaften nicht mehr gewährleistet zu sein; besonders für St. Peter musste dringend eine Alternative gefunden werden.

Im Dienst der Pilgernden
Aus der ehemaligen Päpstlichen Palatingarde (aufgelöst im Jahre 1970) war die „Associazione SS. Pietro e Paolo” entstanden. Diese Vereinigung mit Sitz im Vatikan hat sich zum Ziel gesetzt, christliches Leben, katholisches Apostolat und Treue zum Apostolischen Stuhl durch gemeinsame Aktivitäten zu bezeugen. Sie umfasst drei Sektionen: Eine nimmt sich besonders der religiösen Bildung an, eine andere versucht karitative Aufgaben zu erfüllen, die dritte steht für Dienste bei päpstlichen Zeremonien zur Verfügung. So nahm es nicht wunder, dass sie in den Heiligen Jahren 1975 und 1983 die Aufgaben der Kustoden der Heiligen Pforte übernahm; es bestand hierzu jedoch kein offizieller Auftrag.
Das sollte sich zweieinhalb Jahre vor dem Jubiläumsjahr 2000 ändern. Als Johannes Paul II. (1988-2005) am 28. Juni 1997 die Angehörigen der Associazione in Audienz empfing, sagte er: „Das sich nähernde Große Jubiläum vermehre euren Eifer, da seine Feier euch zu einer noch größeren Verpflichtung ruft, besonders was die Bewachung der Heiligen Pforte in der Vatikanischen Basilika betrifft. Es handelt sich um einen ehrenvollen Dienst am Nächsten, den ihr in den vergangenen beiden Heiligen Jahren erfüllt habt. Er bringt euch täglich in Berührung mit sehr vielen Pilgern, welche die Basilika durch diese Pforte betreten; ihr seid aufgerufen, jenen euren zuvorkommenden Beistand zu gewähren.“ Wer im Jahr 2025 anlässlich des Heiligen Jahres nach Rom reist und die Heiligen Pforten durchschreitet, wird ganz gewiss die Mitglieder der Associazione treffen. Denn auch in diesem Jubiläumsjahr übernehmen sie wieder ihren ebenso ehrenwerten wie wichtigen Dienst.

Zuletzt aktualisiert: 10. Februar 2025
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