Die Paduaner Bischofskirche
Möglicherweise steht sie ein wenig im Schatten der Antonius-Basilika: die Paduaner Bischofskirche. Doch einen Besuch ist sie allemal wert.
Ich muss gestehen, dass ich schon eine ganze Weile nicht mehr im Dom von Padua war. Er liegt nicht direkt auf meinen üblichen Laufwegen, wenn ich für den Sendboten vor Ort bin. Und weil die Zeit meist ohnehin knapp ist, bin ich vollends zufrieden, wenn ich zu Gottesdienst und Gebet in der Antonius-Basilika sein kann. Was ich aber seit einem Besuch vor etlichen Jahren nicht vergessen habe: An den Altarstufen der Bischofskirche gibt es eine – in meinen Augen – schöne Darstellung der Fischpredigt des hl. Antonius, der freilich im Dom selbst nicht die wichtigste Rolle spielt. Das Bistum Padua will ja schließlich auch seinen Gründer, den Apostelschüler Prosdocimus, ehren.
Legendarischer Bistumsgründer
Prosdocimus jedoch bewegt sich mehr auf dem Boden von Legenden. Eine Vita aus dem 12. Jahrhundert erklärt, dass der aus Griechenland stammende Prosdocimus im Alter von 20 Jahren von Petrus im 1. Jahrhundert zur Mission nach Italien geschickt wurde. Schriftliche Erwähnungen des Missionars gibt es aber erst aus deutlich späterer Zeit: Eine Inschrift aus dem 6. Jahrhundert erwähnt ihn in der Paduaner Kirche Santa Giustina, wo heute sein Sarkophag verehrt werden kann. Eine Urkunde aus dem Jahr 860 spricht dann erstmals von der Verehrung, die ihm offensichtlich durch das gläubige Volk zuteilwird. Zur Bistumsgeschichte Paduas jedenfalls gehört, dass der griechische Missionar als erster Bischof der Stadt angesehen wird. Die Geschichte der Diözese ist freilich deutlich komplexer und gerade in den ersten Jahrhunderten nach Christus eine sich erst langsam entwickelnde. Immer wieder werden Territorium und Zugehörigkeit zur Kirchenprovinz neu umschrieben. Der heutige Zustand geht auf eine päpstliche Bulle vom 1. Mai 1818 zurück. Papst Pius VII. gliederte die Diözese Padua dabei der Kirchenprovinz Venedig an. Auf dem Gebiet des Bistums leben heute über eine Million Menschen, von denen sich etwa 95 Prozent zur katholischen Kirche bekennen.
Schritt für Schritt zum heutigen Dom
Die Baugeschichte der Kathedrale dürfte ähnlich komplex sein wie die der Diözese selbst. Wir steigen hier im Jahr 1075 ein: Damals weiht Bischof Uldericus einen neuen, im Unterschied zum Vorgängerbau deutlich repräsentativeren Dom. Ein Erdbeben zerstört ihn allerdings bereits im Jahr 1117. Die neue romanische Kathedrale wird 1180 ihrer Bestimmung übergeben und entspricht, was Lage und Grundriss betrifft, schon ziemlich dem heutigen Bau. Ein Jahr später wird das Baptisterium vollendet und zwischen 1375 und 1378 von Giusto de’ Menabuoi ausgemalt. Die dortigen Fresken zählen zu seinen Hauptwerken.
1522 wird der Grundstein für einen neuen Chorraum gelegt. Ein Entwurf Michelangelos, für den sich das Domkapitel Mitte des 16. Jahrhunderts schließlich entscheidet, wird in den folgenden Jahrzehnten umgesetzt. Im 17. und 18. Jahrhundert werden weitere Teile des Doms abgerissen und im neuen Stil errichtet, bis man die Arbeiten im Jahr 1754 schließlich beendet, auch wenn unter anderem die Fassade nicht vollständig abgeschlossen wurde. Doch auch die folgenden Jahrzehnte und Jahrhunderte bringen Einschnitte in die Dombaugeschichte mit sich: 1797 plündern französische Truppen die Kathedrale; 1822 schlägt ein Blitz in die Hauptkuppel ein; 1931 wird aufwändig der Fußboden restauriert; nach dem 2. Weltkrieg und den Bombenangriffen des Jahres 1944 zielen die Restaurierungsarbeiten darauf ab, die historische Integrität des Gotteshauses zu bewahren; 1997 wird der Chorraum neu gestaltet, unter anderem mit der eingangs erwähnten Antonius-Darstellung des zeitgenössischen toskanischen Bildhauers Giuliano Vangi (1931-2024).
Besonders sehenswert ist eine byzantinische Ikone, auch wenn sie nicht mehr im Original erhalten ist. Ein Kanoniker vermachte die Darstellung der Jungfrau mit dem Jesuskind in Windeln im 13. Jahrhundert der Kathedrale. Der Überlieferung nach wurde die Ikone vom hl. Lukas geschrieben. Rasch wurde die Ikone fester Bestandteil der Liturgie: Bei der Vesper am Samstag versammelten sich die Domherren um das Bild, wo sie dann die Marianische Antiphon sangen. Und bei größeren Prozessionen durch die Stadt wurde die Ikone mitgetragen, so dass man Ersatzbilder herstellen ließ, um das Original zu schützen. Bei einem Unfall wurde dieses jedoch 1647 unwiederbringlich zerstört. So sind der Dom und viele seiner einzelnen Bestandteile Zeugen einer wechselhaften, oft turbulenten Geschichte, die dennoch immerzu fortgeschrieben wird.